"Wer ist denn das, der da blutet?" fragte ein Junge über das Bild von Jesus am Kreuz in der Markuskirche Marbach. Mit dieser Frage startete unser Vorschulprojekt „Gottes große Häuser“. Vorgesehen war die Erkundung der Markus-, Kugel- und der Elisabethkirche sowie der neuen Moschee und der Synagoge in Marburg. Unser Ziel war es, den Kindern die Welt der erlebten Spiritualität der abrahamitischen Religionen hier in Marburg näher zu bringen. Ein Junge erzählte von der Taufe seines kleinen Bruders, die vor wenigen Tagen stattfand. Ein weiterer Junge berichtete von zwei ganz verschiedenen Erlebnissen, die er mit seiner Familie hatte; einerseits war es ein freudiger Anlass, die Hochzeit einer Nachbarin, und andererseits ein eher trauriger Moment: ein Trauerfall in der Familie. Der Austausch gestaltete sich lebendig und informativ. Unsere Vorschulkinder hatten bereits viele Erfahrungen mit ihrer Familie in ihren Gemeinden. Kinder haben keine Berührungsängste, neugierig beobachteten wir, ob wir deren Interesse für die Religion im Allgemeinen wecken konnten.
Unser erster Besuch war natürlich die Kirche unserer Gemeinde, die Markuskirche. Pfarrerin Dr. Schindehütte empfing uns im Foyer mit dem preisgekrönten Lied „Komm ich zeig‘ Dir meine Kirche“ und gleich ging es weiter auf Entdeckungstour. „Wie komisch es ist, in derleeren Kirche zu laufen“, bemerkte ein Vorschulkind.
Der nächste Besuch brachte uns zur Elisabethkirche. Hier empfang uns Pfarrerin Dr. Müller mit einem kleinen Bilderrätsel am Portal. Das Highlight für die Kinder aber war die Entdeckung des goldenen Sarges der heiliggesprochenen Elisabeth. Die vielen Gemälde über das Wirken Elisabeths machten die Kinder neugierig. Einige waren überwältigt von ihrem kurzen und aufopfernden Leben. Plötzlich fragte ein Mädchen: „Warum hat Elisabeth sich keine Ruhe gegönnt…. So wie meine Eltern?“
In der Moschee bei St. Jost fiel unseren Schulis der gigantisch blaue Gebetsteppich auf. Wir durften eine Rezitation des Korans anhören, die wie Musik klang. Beeindruckt hörten die Kinder, dass Muslime sich vor dem Beten die Füße waschen.
In der Synagoge sorgte Herr Orbach für gute Stimmung, als er im Vorraum Kippas für die Jungen austeilte. Uns wurden alte Thorarollen gezeigt und wir erfuhren, dass diese nur mit einer Feder eines besonderen Rabbi per Hand geschrieben werden darf. Dieser Arbeitsvorgang kann bis zu einem Jahr dauern.
In der Kugelkirche fanden viele das Schwenken des kostbaren Weihrauchs und auch das gemeinsame singen und spielen an der Orgel mit Herrn Pfarrer Langstein beeindruckend. Auf den Heimweg hörten wir aus der Lutherische Pfarrkirche Orgelmusik, einige Schulis fragten: „Wollen wir auch in diese Kirche gehen?“. Unser Ziel war erreicht, die Kinder waren neugierig geworden.
Text und Foto:
Sylvie Cloutier, Freya Rohrich, Kirstin Wandersee
Erzieherinnen in der evang. Kita Emil-von-Behring Straße